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Innenarchitektur als Szenografie – Raphael Navot

von Markus Schraml
raphael navot

Als diesjährigen Designer of the Year kürte Maison&Object Raphael Navot, wie die Messe vergangenen November bekannt gab. Damit verbunden ist die Gestaltung einer Installation unter dem Titel „The Apothem Lounge“, die derzeit während der Maison&Object in Paris zu sehen ist. Nach Eigenaussage Navots handelt es sich dabei um das Porträt einer visuellen Emotion. Dem folgend können echte Gefühle eher mit echten Materialien und echtem Handwerk evoziert werden, glaubt der in Paris lebende Designer.

„Natürliche Materialien und traditionelles Handwerk sind bei mir immer präsent, oft für jedes Projekt maßgeschneidert und mit ganz bestimmten organischen Formen. Häufig entscheide ich mich für einen eher zeitlosen Charakter, denn Zeitlosigkeit ist für mich eine nicht-dekorative Qualität, die Trends oder bestimmte Zeitmotive außen vor lässt. Ich denke, gute Innenräume sollten so wirken, als wären sie schon immer da gewesen“, sagte Navot in einem Maison&Object-Interview.

Raphael Navot vermeidet es, Trendentwicklungen in Magazinen oder Ähnlichem zu verfolgen. Gleichzeitig betreibt er vor jedem Projekt intensive Forschungen besonders in den Bereichen Psychologie und Naturwissenschaften. Er denkt, dass gerade diese Bereiche Designs stark beeinflussen. „Die natürliche Welt ist unglaublich reich und übertrifft jedes Design, das je erdacht wurde. Es ist eine großartige Quelle des Wissens für mich“, betont Navot. Eine andere Quelle sei die Handwerkskunst bzw. die Handwerker, denn diese hätten viel Wissen angesammelt und würden am engsten mit Materialien arbeiten. Um zu verstehen, wo die Vorteile, aber auch die Grenzen jedes Handwerks liegen, will er bei der Herstellung seiner Stücke stets dabei sein.

Hospitality und Produktdesign

Das Portfolio Navots umfasst eine Reihe multidisziplinärer Projekte, in denen oft die französische Handwerkskunst eine Rolle spielt. Die Palette reicht von Inneneinrichtungen im Gastgewerbe bis hin zu maßgeschneidertem und kommerziellem Produktdesign. Er arbeitete mit David Lynch am Pariser Nachtklub Silencio (2011), an der Produktion einer Hightech-Linie von Holzböden für Oscar Ono (2016) und schuf eine Kollektion von zwölf Möbelfamilien von Sofas und Tischen bis hin zu Teppichen und Leuchten für Roche Bobois. Sein bisher bedeutendstes Werk ist wohl die Gestaltung des Hôtel National des Arts et Métiers (2017).

Im vergangenen Jahr setzte Navot seine Möbelkooperation mit Loro Piana Interiors fort. „A Portrait of Comfort“ wurde auf dem Salone del Mobile in Mailand präsentiert. In Cannes gestaltete er das Hotel Belle Plage mit 50 Zimmern und 10 privaten Apartments. Seine neueste Arbeit für Friedman Benda in New York trägt den Titel „On the Same Subject“. Eine weitere Ausstellung zum Thema Handwerk und Naturlandschaft. Ende dieses Jahres wird Dame des Arts, das zweite Hotel Raphael Navots im Herzen von Paris eröffnet.

Lounge der Erlebnisse

Navots Arbeit im Rahmen der Maison&Object, The Apothem Lounge, ist eine immersive Installation aus Licht und Texturen. Er gestaltete einen großen runden Saal, den die Gäste erleben sollen, unabhängig von Funktionalität und Kontext. „Gleich einer Theaterbühne, auf der sich die Gäste wie Schauspieler in einer Szene bewegen. Innenarchitektur ist eine Form von Szenografie, sie dient dazu, eine Stimmung zu erzeugen … das Privileg, hier keinen Kunden, keinen Kontext zu haben und keiner Funktionalität folgen zu müssen, machte es möglich, in ein fantasievolleres Reich vorzudringen und ein Interieur zu schaffen, das vielleicht – unwahrscheinlich ist“, erläutert Navot. Der kreisförmige Raum ist von zwei Schichten runder Wände geschützt. Aufgrund dieses Konzepts können Besucher durch die zwölf Portale aus- und eingehen. Diese offene architektonische Struktur fungiert als eine Art simples Labyrinth, das sowohl Freiheit als auch Intimität bietet.

Teaser der Apothem Lounge auf der Maison&Object. © Cerruti Draime

Raphael Navot wurde 1977 in Jerusalem (Israel) geboren. 2003 erhielt er einen Bachelor-Abschluss in Conceptual Design von der Design Academy Eindhoven. Danach ging er nach Paris und arbeitete von dort aus in den Bereichen Innenarchitektur und Design.


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