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Kvadrat auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

von Markus Schraml
Kvadrat auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Wenn man Nachhaltigkeit zu Ende denkt, entsteht ein Kreis. Die Wirtschaftsweise der Menschheit aber war bisher linear geprägt. Am Anfang steht eine Ressource, die aus einem erschöpflichen Reservoir entnommen wird, daraus entsteht ein (wertvolles) Produkt, das nach einer überschaubaren Nutzungszeit weggeworfen und zu wertlosem Müll wird. Ein ausbeuterischer, zu tiefst unlogischer Prozess, der uns in die jetzige Lage manövriert hat. In der Designbranche sowie von einer steigenden Anzahl Wissenschaftler*innen wird schon seit Längerem die Notwendigkeit eines Wirtschaftssystems propagiert, das im Kreis läuft. Circular Economy oder Kreislaufwirtschaft reduziert den Ressourcenverbrauch, weil am bisherigen Lebensende eines Produkts oder Materials nicht die Mülldeponie, sondern die Wiedergeburt steht. Dass sich Designer*innen und Wissenschaftler*innen diesem Thema widmen, ist schön und gut, aber um wirklich etwas zu bewirken, müssen sich auch große Unternehmen darauf einlassen. Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist der dänische Textilriese Kvadrat.

Nicht zufällig ist es ein dänisches Unternehmen, das neue, nachhaltige Produkte entwickelt und Kreislauf-Denken in allen Bereichen der Geschäftsgebarung implementieren will. So nahm Kvadrat-CEO Anders Byriel am Ideenfindungsprozess des Danish Avisory Board for Circular Economy teil, der der dänischen Regierung Empfehlungen für eine Veränderung der Wirtschaftsweise vorschlägt. Von der dänischen Regierung selbst 2016 eingerichtet, sitzen in diesem Beirat 12 Geschäftsführer aus der dänischen Industrie – unter anderem Pernille Blach Hansen von Lego und Flemming Besenbacher von Carlsberg -, um tatsächlich ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Die Vision lautet: Die dänische Industrie soll bis zum Jahr 2030 die weltweite Führerschaft in der Entwicklung, Anwendung und im Export von Kreislauflösungen einnehmen. Und Dänemark soll zum weltbekannten Zentrum für Kreislaufwirtschaft werden. Ambitionierte Ziele, die im Fall von Kvadrat bereits zu konkreten Produkten geführt haben.

In Kooperation mit dem Kopenhagener Unternehmen Really beschäftigt sich Kvadrat seit 2017 intensiv mit dem Ziel einer im Kreis laufenden Wirtschaftsweise. Produkte wie Solid Textile Board und Acoustic Textile Felt bestehen aus upgecycelten Textilabfällen, benötigen kaum Wasser in der Herstellung und eignen sich gut für den Einsatz im Architektur- und Designbereich. Grundsätzlich geht es darum, aus Textil-Müll und gebrauchten Textilien neue visionäre, innovative und hoch qualitative Produkte zu kreieren. Dieser Ansatz verlangt eine völlig andere Denkweise, in der das Weggeworfene nicht als Abfall, sondern als Ressource betrachtet wird. Really-Produkte sind vollständig kreislauffähig. Aus recyceltem Abfall hergestellt, werden sie spezifisch so designt, dass sie als neue Produkte wiedergeboren werden können.

Der Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit begann für Kvadrat bereits 2011. Damals wurde mit Waterborn von Aggebo & Henriksen eine nachhaltige Alternative zu Leder entwickelt. Das Material wird im Unterschied zu ähnlichen Mikrofasertextilien mit 70 % weniger Wasser und 99 % weniger organischen Lösungsmitteln produziert. Oder Revive 1 von Georgina Wright, die 2015 eingeführt wurde und aus benutzten Plastikflaschen hergestellt wird. In den letzten Jahren haben sich durch neue Technologien neue Möglichkeiten ergeben, Produkte im Kreis zu führen. So wurden die Kollektionen Re-wool (45 % recycelte Wolle) von Margrethe Odgaard oder Patio eingeführt. Letztere ist das erste Outdoor-Textil von Karina Nielsen Rios, das sie gemeinsam mit Kvadrat in langjähriger Forschungsarbeit entwickelt hat. Das Ergebnis ist ein Trevira CS-Stoff mit umweltfreundlichem Finish – einer wasserabweisenden Beschichtung auf Basis fettmodifizierter Mischungen.

 

 

Die neueste Entwicklung wurde beim diesjährigen Salone in Mailand präsentiert. Scrap_CMYK, eine Vorhangstoffkollektion der japanischen Grafikdesignerin Rikako Nagashima für Kinnasand Lab. Das gewebte Grundmaterial dieser Stoffe ist aus einem speziell entwickelten recycelten Polyester gefertigt, das aus wiederverwendeten PET-Flaschen hergestellt wird. Die Inspiration für ihr Design zog Nagashima aus den zufälligen Mustern und Verläufen, die im Offsetdruck bei der Feinabstimmung der Farben durch Probeandrucke auf Paper entstehen. Diese Ästhetik überträgt die Japanerin auf ihre digital gedruckte Serie von Vorhangstoffen. Das Farbkonzept von Scrap-CMYK basiert auf den vier Farben, die im Standard-Offsetdruck verwendet werden: Cyan, Magenta, Yellow und Key. „Ich überlege mir oft, wie ich das Konzept des Upcycling in meiner Arbeit anwenden kann, indem ich etwas, das vorher als Abfall angesehen wurde, einen neuen Wert gebe“, sagt Nagashima. „Für diese Zusammenarbeit mit Kinnasand Lab habe ich Andruckbögen aus verschiedenen Projekten meiner Arbeit als Grafikdesignerin ausgewählt und die vermeintlichen Druckfehler und Spuren des Offsetdrucks als assoziative Designelemente genutzt.“

Design ist in diesem Sinne eine Disziplin, die sich nicht nur um das einzelne Produkt kümmert, sondern den gesamten Prozess, das gesamte System berücksichtigt. Nur mit dieser Herangehensweise wird es möglich sein, irgendwann zu einer im Kreis geführten Wirtschaftsweise zu kommen. Der Verhaltenscodex bei Kvadrat gilt übrigens auch für die vielen Kooperationspartner des Textilverlages, um sich dem Ziel der Kreislaufwirtschaft umfassend anzunähern. Diese Bestrebungen werden im Report des Danish Advisory Board for Circular Economy mit dem prägnanten Satz zusammengefasst: „Müll soll nicht länger das Ende des Konsums sein, sondern der Startpunkt.“

 

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