Home Design Nendo schickt Dior’s Medaillon-Stuhl in die Zukunft

Nendo schickt Dior’s Medaillon-Stuhl in die Zukunft

von Markus Schraml
Chaise Medaillon, Nendo

17 Designerschaffende haben für Dior den legendären Medaillon Chair, das Symbol für den Louis XVI-Stil schlechthin, neu interpretiert. Die neuen Versionen reichen von Martino Gampers (Italien) einfacher funktionell-praktischer Variante über einen Balon-Stuhl von Seungjin Yang (Südkorea) bis zu Pierre Yovanovitchs eher konventionellen, gleichwohl sehr attraktiven „Monsieur et Madame Dior”-Exemplaren. Viele der Entwürfe vermitteln einen starken künstlerischen Ausdruckswillen. Wie Ma Yansongs (Gründer von MAD) erstarrte Windfetzen aus 3D-gedrucktem Polyurethan oder Joy de Rohan Chabots Faszination für florale Dekoration, die sie mit bemalten Blättern aus Bronze auf die bei ihr reduzierte historische Stuhlform überträgt.

Die schönste und auch von der Gestaltungsidee her faszinierendste Interpretation kommt von Nendo. Einmal mehr schafft es das Team um Oki Sato in bestechender Art und Weise ein vorgegebenes Thema völlig neu und überraschend umzusetzen. Ihr „Chaise Medaillon 3.0“ atmet Zukunftsluft. Der Ausgangspunkt findet sich im Nendo-Credo, eine anmutige Verschmelzung von Moderne und Tradition zu finden. Als Material wählten die Japaner Glas. Eine einzelne, nur 3,0 mm dicke Glasscheibe wurde durch ein neues Verfahren in eine stark C-förmige Gestalt gebogen. Diese bildet die Stuhlbeine und Rückenlehne. Für den Sitz wurde eine weitere 3,0 mm Glasscheibe verwendet und zu einer leichten Kuppel geformt. Danach tauchte man die beiden Teile bei 450 Grad Celsius in Kaliumnitrat-Schmelzsalz, um sie dann durch Abkühlung chemisch zu härten.

Dieser Prozess erhöht nicht nur die Härte der Oberfläche durch den Ionenaustausch von Natrium- zu Kaliumionen, sondern auch die Biege- und Kratzfestigkeit des Stuhls. Abschließend wurden Rücken- und Sitzfläche mit einem klaren UV-Kleber und Silikon verklebt. Trotz seiner Transparenz kommen bei der Betrachtung aufgrund der sanften Krümmung und Weichheit Zweifel auf, ob dieser Stuhl wirklich aus Glas besteht. Neben der vollkommen transparenten Version gibt es den Stuhl auch satiniert sowie in Schwarz und Pink Ombre, was an die Marke Dior erinnern soll. An den klassischen Medaillon Chair lässt eigentlich nur das ovale Loch in der Rückenlehne denken. Das wiederum ist eine äußerst starke Referenz, sofern man über die Hintergründe Bescheid weiß.

Dior und der Medaillon-Stuhl

Christian Dior wählte den Medaillon-Stuhl gleich bei der Gründung seines Hauses aus, um die Gäste seiner Modeschauen in einem klassischen, eher nüchternen Pariser Ambiente zu empfangen. Das Oval wurde zu einem der wichtigsten Codes der Avenue Montaigne 30: in Schwarz und Gold oder Rosa und Grau. Auch in der ersten Dior-Boutique (1947) waren die Medaillon-Stühle Teil der Einrichtung. Mit den neuen Interpretationen zeitgenössischer Künstler*innen und Designer*innen präsentiert sich die Marke Dior als ein Haus, das sich immer wieder neu erfindet und dabei den Spagat zwischen Zeitlosigkeit und Modernität schafft.

Die Ausstellung “THE DIOR MEDALLION CHAIR” ist noch bis zum 10. September (11 bis 19 Uhr) im Palazzo Citterio in der Via Brera 12 in Mailand zu sehen.


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