Home Design Polstermöbelkonstruktion neu gedacht – Stefan Diez für Magis

Polstermöbelkonstruktion neu gedacht – Stefan Diez für Magis

von Markus Schraml
Costume, Diez, Magis

Der deutsche Designer Stefan Diez publiziert seine Projekte gerne unter dem Titel „work in progress“. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass es im Diez Office in München in erster Linie um technische Innovationen geht, die durch zeitintensives Experimentieren erreicht werden. Sei es eine neuartige Leuchtenkollektion wie „AYNO“ für Midgard oder „Plusminus“ für Vibia (elektrisch leitender Stoffriemen). Nun hat Magis, nach vierjähriger Entwicklungszeit das Ergebnis der Zusammenarbeit mit Diez und seinem Team herausgebracht: das modulare Sofasystem „Costume“. Bereits 2019 in Mailand präsentiert, dauerte es noch einmal zwei Jahre (sicherlich auch Pandemie-bedingt) bis das Produkt Serienreife erreicht hatte.

In der Namensgebung klingt an, worum es hier geht. Auf einer Basis aus recyceltem und recycelbarem Polyethylen sitzt ein Taschenfederkern sowie eine dünne Schicht Polyurethanschaum, über die der Stoff mittels elastischer Schlaufen gespannt und an der Unterseite des Korpus befestigt wird. Der große Vorteil an dieser Konstruktion liegt darin, dass die Einzelteile nicht fix miteinander verbunden sind und deshalb leicht wieder auseinandergenommen und recycelt werden können. Auch kann der Stoff etwa zur Reinigung ohne viel Aufwand entfernt und aufgrund des raffinierten Schlaufensystems wieder perfekt passend übergezogen werden. Eben wie ein Kostüm.

Die Einzelelemente von „Costume“ können beliebig kombiniert und erweitert werden. © Magis

„Costume“ besteht aus nur vier verschiedenen Elementen: das Sitzmodul, linke und rechte Armlehne sowie ein Ottoman. Mithilfe von Verbindungsanschlüssen können daraus 2-, 3-Sitzer und mehr entstehen. Der Ottoman kann einzeln positioniert werden oder das Sitzmodul in eine Chaiselongue verwandeln. Auch Ecklösungen können damit umgesetzt werden.

Ein Produkt für die Kreislaufwirtschaft

Am Anfang des Entwicklungsprozesses stand die Frage „Was, wenn wir die Grundkonstruktion völlig neu denken?“ – und zwar im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit und bessere Umweltverträglichkeit. Dies führte zum Thema der leichten Trennbarkeit der Einzelteile, denn aktuell sind die meisten Polstermöbel nur schwer oder gar nicht recycelbar, weil sie aus fix verbundenen Elementen bestehen. Auch die großzügige Verwendung von Polyurethanschaum ist ökologisch fragwürdig.

In der Kreislaufwirtschaft ist das problemlose Wiederzerlegen und dadurch leichte Wiederverwenden oder Recyceln von Produktteilen ein wichtiges Thema. Denn das Lebensende eines Produkts soll nicht das Ende seiner Teile bzw. des Materials sein, aus dem es besteht. „Costume“ wurde mit dem Gedanken der Langlebigkeit geschaffen. Stefan Diez und seinem Team ist damit ein Vorbild für eine zukunftsfähige Konstruktionsmethode im Möbelbereich gelungen. Folgt man der Angabe „work in progress“ ist auch der Status quo von „Costume“ möglicherweise nur eine Momentaufnahme und in Zukunft sind weitere Fortschritte denkbar. Vielleicht gelingt es ja irgendwann, den Polyurethanschaum ganz zu ersetzen.

Interview aus dem Jahr 2019, während der Erstpräsentation von “Costume” in Mailand.
Die Basis von “Costume” wird mittels Rotationsform-Technik hergestellt.

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