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Räume für Menschen – Simon Architecture Prize 2022

von Markus Schraml
Für die „Melopee School“ in Gent zeichnet das Brüssler Büro Xaveer De Geyter Architects (XDGA) verantwortlich. © XDGA

Die Organisatoren des „Living Places – Simon Architecture Prize“ haben die 10 Finalisten der Ausgabe 2022 bekannt gegeben. Die aus 224 Nominierungen ausgewählten Projekte wurden zwischen 2020 und 2021 fertiggestellt. Der Fokus des Preises liegt auf der Perspektive der Nutzer bzw. Bewohner und deren Einbeziehung in den Entstehungsprozess. Als wichtiges Mittel zur Darstellung und Erklärung der Projekte fungiert dabei das Medium Video. So haben Architekturbüros von 186 Projekten aus 34 verschiedenen Ländern Dokumentationsvideos übermittelt.

Der Simon Architecture Prize wird in den Kategorien „Collective Places“ und „Personal Places“ verliehen. Die meisten Finalisten der letzteren Kategorie sind große Einfamilienhäuser, mit Ausnahme eines Gemeinschaftswohnprojekts in Palma. Architekturentwurf und verwendete Materialien der einzelnen Projekte sind sehr unterschiedlich. Mit dem Petralona House in Athen erweitert das Büro Point Supreme das traditionelle ebenerdige Stadthaus um drei Ebenen. Es ist um eine Öffnung über der Küche und dem Wohnbereich gruppiert, die eine Art Innenhof bildet. Wie in alten Athener Häusern ermöglicht dies Sichtverbindungen zwischen den Räumen. Der sympathisch verwinkelte Entwurf lädt zur Entdeckungsreise ein und erinnert an ein sehr kinderfreundliches Taka-Tuka-Land.

Die bescheidene Grundfläche wurde für das „Petralona House“ in Athen auf drei Ebenen vertikal erweitert und eine wunderbare urbane Erlebnislandschaft kreiert. © Point Supreme (Athen), Video: George Messaritakis

Das Rain Harvest Home ist ein dreiteiliges Haus in den Bergen westlich von Mexiko-Stadt, das sich in die Landschaft und natürlichen Zyklen des Ortes integriert. Die Wohnfunktionen sind auf die drei Holzgebäude verteilt, wobei Bereiche für Körperpflege und Studieren vom Hauptpavillon getrennt sind. Das Gebäudetrio sammelt Regenwasser und ist mit einem Reservoir und einem Aufbereitungs- und Speichersystem vor Ort verbunden, das das ganze Jahr über 100 % des Wasserbedarfs des Hauses deckt.

Naturnähe in Temascaltepec (Mexiko) – Entwurf: Robert Hutchinson Architecture & JSa Arquitectura (Seattle, USA und Mexico City) © Robert Hutchinson Architecture, Video: Juan Benavides

In der Kategorie „Gemeinschaftliche Orte“ handelt es sich bei den finalen Projekten ausschließlich um Neubauten, in einigen Fällen werden allerdings bestehende Materialien verwendet. Der Kithara Music Public Kiosk in Iztapalapa (Mexiko-Stadt) dient dem Gitarre-Unterricht. Das Mauerwerk des Gewölbes besteht aus von der Community gespendeten Ziegeln: roter Backstein, Zementblöcke, Vulkangestein und Tezontle (roter Stein). Durch eine eingefügte Holztribüne wird der schmale, aber hohe Raum unter dem Rundbogen zweigeteilt. Die Offenheit des Ganzen eignet sich auch, um Konzerte zu veranstalten.

Das mexikanische Studio TO hat den Kithara Music Kiosk entworfen. © TO

Die Melopee-Schule im belgischen Gent beherbergt eine Kombination aus Grundschule, Hort, Kindergarten und Sporteinrichtungen für Schule und das gesamte Quartier. Die luftig-leichte Konstruktion besteht aus einem verzinkten Stahlskelett, in das mehrere Ebenen eingezogen wurden. Der geschlossene Teil dient dem Unterricht und der Indoor-Betreuung, der offene, zum Hafen hin orientierte Teil ist für Sport, Spiel und Spaß prädestiniert. Auf der Seite des Innenvolumens sind die Fassaden als Patchwork aus opaken und transluzenten Polycarbonat-, Glas- und Aluminiumlamellen gestaltet. Die Außenstruktur wird in Zukunft bewachsen sein. Der Plan sieht vor, dass die Vegetation entlang des Stahlgitters hinaufklettert. In die grüne Pracht sollen dann einige große „Fenster“ geschnitten werden.

Für die „Melopee School“ in Gent zeichnet das Brüssler Büro Xaveer De Geyter Architects (XDGA) verantwortlich. © XDGA, Video: Kadanja, BAP-Brussels Architecture Prize

Die Ingá-Mirim-Kapelle befindet sich am Rande der Stadt Itupeva, 80 km von São Paulo (Brasilien) entfernt auf einem Anwesen aus dem 19. Jahrhundert. Das Büro messina | rivas hat das ehemalige Kolonialanwesen renoviert und daraus einen Ort für lokale religiöse Feiern gemacht. Ein schönes Beispiel dafür, wie koloniale Bauweisen neu interpretiert werden können. Der Kernpunkt war die Wiederverwendung von vorhandenem Material. Konkret wurde das Fundament der bereits bestehenden Konstruktion verwendet. Das Projekt basiert auf drei Steinmauern, die in der alten Straße vorhanden waren, die den Zugang zum Hof bildeten. Zwischen diesen drei Mauern wird ein Weg definiert, der durch Räume führt, die eine Kontinuität zwischen Konstruktion und Landschaft suchen und so die Möglichkeit zur religiösen Kontemplation bieten.

Das Büro messina | rivas hat ein ehemaliges Kolonialanwesen renoviert und daraus einen Ort für lokale religiöse Feiern gemacht – die Ingá Mirim-Kapelle. © messina | rivas, Video: Federico Cairoli

Die weiteren Finalisten sind ein Gesundheitszentrum von BAAS Arquitectura in Barcelona, ein soziales Wohnungsprojekt in Palma des Institut Balear de l’Habitatge, ein Haus in Dumbrava Vlasiei in Bukarest von ADNBA, das Community-Projekt „Pilares Presidentes de México“ in Mexiko-Stadt von Rozana Montiel Estudio de Arquitectura und das „Rambla Climate House in Murcia (Spanien) von Andrés Jaque / Office for Political Innovation und Miguel Mesa Del Castillo.

Im Februar 2023 werden im Rahmen einer Gala die Gewinner der beiden Kategorien bekannt gegeben und ausgezeichnet. Sie erhalten 10.000 Euro Preisgeld. Darüber hinaus wird die Jury erstmals eines der 186 eingereichten Videos auszeichnen und von Auslober Simon einen professionellen Auftrag erhalten. Simon ist ein Industrieunternehmen, das auf technologische Lichtlösungen, Lichtsteuerung, Connectivity und elektrische Materialien spezialisiert ist. Der „Living Places – Simon Architecture Prize“ wurde 2016 ins Leben gerufen und alle zwei Jahre verliehen. Simon wird dabei von der Fundació Mies van der Rohe unterstützt.


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