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Review: Genfer Automobilsalon im Zeichen der E-Mobilität

von Markus Schraml
Fiat Concept Centoventi

Es hat sich schon im Vorfeld angekündigt – alle Zeichen stehen auf E. Kaum ein Autobauer will die Wende hin zur Elektromobilität verschlafen. Die Dichte an Ankündigungen, Konzepten und Visionen zum E-Auto war also auf dem Autosalon in Genf entsprechend hoch. Die Palette reicht von Vorschlägen für den urbanen Raum mit kleinen wendigen Fahrzeugen bis hin zu Premiumkarossen in höchster Komfortklasse. Das Meiste befindet sich im Entwicklungsstadium, aber lange wird es nicht mehr dauern bis Elektroautomobile in enormer Vielfalt die Straßen beherrschen werden.

Die meisten großen Automarken waren in Genf mit E-Autos am Start, manche – wie etwa Audi – zeigten auf ihrem Messestand gar ausschließlich elektrisch angetriebene bzw. mit Plug-in-Hybrid ausgestattete Fahrzeuge. BMW setzt seine E-Modelloffensive fort: Der BMW 330e, der BMW X5 xDrive45e und die Plug-in-Hybrid-Modelle der neuen 7-er Reihe feierten ihre Weltpremieren in Genf. Außerdem präsentierten die Bayern ihre Energy Services, Angebote für kostenfreie, grüne Fahrstrompakete, die in Zukunft Bestandteil der E-Flotte sein sollen. Peugeot bietet seinen Verkaufsschlager 208 ab Herbst 2019 auch als vollelektrische Variante e-208 an. Außerdem steckt der französische Autobauer eine ganze Reihe Fahrerassistenzsysteme in den Kleinwagen, die bisher nur in höheren Segmenten verfügbar waren. Mit dabei ist die nächste Generation des PEUGEOT i-Cockpit®. Steffen Raschig, CEO PEUGEOT Deutschland sagt: „Die Elektrifizierung der Fahrzeugpalette bildet das Kernstück unserer zukunftsorientierten Modellentwicklung.“ Eines der schönsten Fahrzeuge in Genf war der PEUGEOT e-Legend: Vollelektrisch und autonom soll er sein, soweit das Konzept. Hoffentlich wird das supercoole Retro-Fahrzeug, das an den PEUGEOT 504 erinnern soll, aber wohl auch etwas Mustang-DNA abbekommen hat, so in die Realität umgesetzt.

Im Volkswagenkonzern wird intensiv an der Elektrifizierung gearbeitet. Sowohl markenübergreifend als auch innerhalb der einzelnen Marken werden Konzepte erstellt, wird entwickelt und getestet. Das erste vollelektrische Fahrzeug von SEAT heißt ganz katalanisch el-born – nach einem Szeneviertel in Barcelona. Entworfen wurde es in Barcelona, gebaut wird es in Zwickau. Es basiert auf der Volkswagen MEB-Plattform und soll eine Reichweite von 420 km erzielen. Die Batterie wird sich in nur 47 Minuten auf 80 % aufladen lassen. Der SEAT el-born soll 2020 auf den Markt kommen. Beim Konzernbruder in Tschechien arbeitet man an der ŠKODA VISION iV. Es soll ebenfalls ein reines E-Auto werden. Wie die Konzeptstudie zeigt, haben sich die Verantwortlichen für einen sportlich-athletischen Look entschieden. Die Entwickler peilen eine Reichweite von bis zu 500 Kilometer an. VW selbst präsentierte in Genf unter anderem den ID. BUGGY. Auch er basiert auf dem modularen E-Antrieb-Baukasten (MEB) und ist eine moderne Interpretation des US-Strandbuggys der 1960er und -70er Jahre. Dr. Frank Welsch, VW Vorstandsmitglied (Geschäftsbereich: Technische Entwicklung): „Das technische Prinzip des MEB ist überzeugend. Größe, Batterie und Antrieb sind skalierbar. Wir können diese daher variabel in verschiedenen Modellen in unterschiedlichen Segmenten zusammensetzen und Kundenwünsche erfüllen. Der ID. BUGGY ist ein faszinierender Beweis dafür.“ Die neue schwedische Automarke Polestar zeigte in Genf seinen Polestar 2, für den schon einige Zeit Werbung gemacht wird und den die Hersteller als Konkurrenz zu Teslas Model 3 sehen. Volvo selbst ist auf Automessen nicht vertreten und fährt ein anderes Präsentationskonzept. Für die E-Performance-Marke des Unternehmens gilt das offensichtlich nicht.

E-Mobilität geht auch leistbar

Am Thema E-Mobilität arbeiten derzeit nicht nur deutsche, französische und asiatische Hersteller intensiv, sogar beim Fiat-Konzern tut sich etwas. Zu seinem 120-jährigen Jubiläum stellt der italienische Autobauer den Fiat Concept Centoventi vor. Das Unternehmen geht dabei einen eigenen Weg und will Elektromobilität erschwinglich machen. Das Konzept sieht vor, dass der Kunde das Interieur selbst konfigurieren und Accessoires frei wählen kann. Diesen Schritt hin zu mehr Individualisierung weitet Fiat sogar auf die Batterie-Ausstattung aus. So kann die Reichweite von 100 bis auf 500 km aufgestockt werden, indem zusätzliche Einheiten gekauft oder gemietet werden. Vor allem anderen bemerkenswert ist das Design. Es kann als retro-futuristisch umschrieben werden: zurückhaltend, ohne fad zu sein, minimalistisch, aber mit dem gewissen Etwas und außerdem sehr sehr freundlich. Auch bei der FCA-Marke Alfa Romeo startet die Elektrifizierung. Zwar zaghaft, aber doch – mit einem Konzept des ersten Midsize-SUV, der mit Plug-in-Hybrid-Technologie ausgestattet wird. Egal was drinnen streckt, von außen betrachtet ist der Alfa Romeo Tonale ein echter Alfa mit sportlich-italienischem Charakter. Und sogar Jeep kommt zumindest an der Plug-in-Hybrid-Technologie nicht mehr vorbei. Mit dem Slogan Jeep® e-volution fahren die Modelle Jeep® Renegade und Jeep® Compass mit PHEV-Technologie. Damit verbessert sich auch ihre Geländegängigkeit aufgrund einer präzisen Drehmomentsteuerung bereits beim Anfahren.

Supersportwagen von morgen sind elektrisch

Die Elektromobilität spielt in alle Facetten und Fahrzeugkategorien hinein. Besonders sportliche High-End-Automobile profitieren davon. Wer einmal die Beschleunigung eines Tesla Model S mit 100 kWh-Batterie erlebt hat, wird augenblicklich zum E-Auto-Fan. Der von Fabrizio und Giorgetto Giugiaro entwickelte Hyper-SUV Kangaroo beschleunigt von 0 auf 100 in 3,5 Sekunden. Der Zweisitzer mit Aluminium-Spaceframe und Karbon-Karosserie wurde von GFG Style zusammen mit CH Auto entwickelt. Kangaroo bietet Allradantrieb und Allradlenkung. Fabrizio Giugiaro: „Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie die Zukunft von elektrischen, hedonistischen Autos aussehen könnte. Das Ergebnis ist ein Konzept, das ich einige Zeit verfolgt habe, nämlich die Übertragung von kompromissloser Leidenschaft und Sportlichkeit auf ein Auto für jede Art von Fahrbahn: sei es Straße, Sand, Dreck oder Schnee … Wie ein Känguru – es taucht auf, wird aktiv, springt von einem Terrain auf das Nächste und ist schnell, sehr schnell!“ Ein Kandidat, der auf der Sprintstrecke von 0 auf 100 km/h noch schneller ist, kommt aus Deutschland. Das Model Nathalie von Roland Gumpert ist der erste Supersportwagen mit einer Methanol Power Cell und beschleunigt in 2,5 Sekunden auf die 100. Möglich macht das ein Vierradantrieb mit vier Motoren, zwei Gängen und einer 600 kW Batterie. Der Methanol-Tank kann in nur drei Minuten aufgefüllt werden. Mit wundervollem Design punktet der neue Sportwagen Piëch Mark Zero. Es ist ein rein elektrischer GT mit 500 Kilometer Reichweite. (nach WLTP) Der deutsch-schweizerische Autohersteller verbaut einen besonderen Zelltyp, mit dem die Batterie im Schnelllademodus in unglaublichen 4:40 Minuten auf 80 % aufgeladen werden kann. Da sich diese Zellen kaum erhitzen, kann nicht nur schnell geladen, sondern die Batterie vollständig luftgekühlt werden, was eine Gewichtsersparnis von 200 kg bedeutet. Gebaut wird der Piëch Mark Zero auf einer flexiblen Fahrzeugarchitektur, die für unterschiedlichste Antriebe und Karosserieformen offen ist. „Wir haben einen Sportwagen entworfen, den wir uns auch selbst kaufen würden. Und wir haben lange mit vielen Enthusiasten darüber gesprochen, was im Markt fehlt. Wir wollen einen modernen Klassiker anbieten, der keinen Konsumzyklen unterworfen ist. Der Fahrer unseres Sportwagens soll sich über jede Minute freuen, die er in seinem Auto verbringen darf“, sagt Co-CEO Toni Piëch. Das Designunternehmen Pininfarina wurde in Genf mit dem „Electric Hypercar“ Battista vorstellig. Paolo Pininfarina sagt: „Hier wird wirklich ein Traum wahr. Mein Großvater hatte immer die Vision, eines Tages eine eigene Reihe von Pininfarina-Autos zu haben. Dieses Hypercar wird hervorragende Performance, technologische Innovation und natürlich elegantes Styling voranbringen. Wir mussten es einfach Battista nennen. Sein Traum wird heute Realität, wenn wir unsere glorreiche Vergangenheit mit der Zukunft der Motorisierung verbinden.“ Die Kohlefaser-Karosserie des Battista beherbergt ein Höchstmaß an Leistung und Drehmoment: Von Pininfarina werden 1.900 PS und 2.300 Nm propagiert. Diese Daten sollen eine Beschleunigung von 0 und 100 km/h in unter 2 Sekunden ermöglichen. Das ist dann wirklich hyper. Die Italiener wollen nur 150 Stück davon bauen.

Stadtverkehr und Vernetzung

Von den Reichen und Schönen zurück zur Realität der Urbanisierung. Citroën enthüllte auf dem Genfer Automobilsalon sein Ami One Concept. Passend zum einhundertjährigen Jubiläum der Marke zielt dieses Konzept auf die Herausforderungen der Mobilität in den Städten ab. Es ist eine rein elektrische Lösung, die eine Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Zweirädern oder Scootern sein will. Das kompakte, symmetrisch designte Fahrzeug bietet Platz für zwei Personen und soll von jedem ab dem 16. Lebensjahr gesteuert werden dürfen. Der Zugang zu verschiedensten Carsharing- oder Mietangeboten wird per App erfolgen. Mitsubishi führte in Genf sein „Dendo Drive House (DDH)“ vor. Dabei geht es um ein technisches Ökosystem, das elektrische Energie je nach Bedarf automatisch erzeugt, speichert oder zwischen Fahrzeug und Haus teilt. Dazu wird das Haus mit Solarmodulen ausgestattet, und mit einem bidirektionalen Vehicle-to-Home (V2H)-Ladegerät kann die Energie hin und hergeschickt werden. Des Weiteren ist ein Stromspeicher im Haus und ein Mitsubishi Plug-in Hybrid erforderlich.

Car of the Year

Am Beginn des Genfer Autosalons wurde der Sieger des Car of the Year-Awards bekannt gegeben. And the Winner is … der Jaguar I-PACE. Abgestimmt wurde von 60 Automobiljournalisten aus 23 europäischen Ländern. Nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen setzte sich der elektrische Jaguar schließlich gegen den Alpine A110 durch. Die Trophäe wurde vom Jurypräsidenten Frank Janssen an den Jaguar-Chefdesigner Ian Callum übergeben. Der zeigte sich naturgemäß erfreut, immerhin gewann Jaguar diese Auszeichnung zum ersten Mal. „Ein elektrischer SUV – das ist die Zukunft“, sagte Callum.

Das teuerste Auto der Welt

Zum Schluss noch ein paar Worte zum teuersten Auto der Welt. Bugatti feiert heuer sein 110-jähriges Jubiläum und enthüllte in Genf den Hypersportwagen „La Voiture Noire“. Der französische Hersteller liefert damit eine Hommage an den Bugatti Type 57 SC Atlantic ab. Es handelt sich um ein Einzelstück in Form eines Grande Tourisme und ist bereits verkauft – für die schlappe Summe von 11 Millionen Euro.

 

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