Home Architecture Tchoban Voss revitalisieren 70er-Jahre Hochhaus in Berlin

Tchoban Voss revitalisieren 70er-Jahre Hochhaus in Berlin

von Markus Schraml
Ernst-Reuter-Platz 6, Tchoban Voss

Der Ernst-Reuter-Platz ist ein Verkehrsknotenpunkt in Berlin-Charlottenburg. Im Wesentlichen handelt es sich um einen großen Kreisverkehr, der um eine Grünfläche mit Brunnen (41 Fontänen) führt. Namensgeber Ernst Reuter (1889 – 1953) war der wichtigste sozialdemokratische Politiker im Nachkriegs-Berlin und Regierender Bürgermeister. Der mit 180 Metern Durchmesser größte Rundplatz Berlins ist von locker angeordneten Bürohochhäusern und Institutsgebäuden umgeben, wie dem von der Technischen Universität genutzten Telefunken-Hochhaus. Der Platz gleicht einem Panorama der baukulturellen Nachkriegsgeschichte mit Gebäuden, die in den 1950er, -60er und -70er-Jahren entstanden sind. Hier sind die Zukunftsthemen der modernen Stadt der Mitte des letzten Jahrhunderts Bildung, Bankenwesen und Privatwirtschaft vertreten. Das Haus am Ernst-Reuter-Platz Nr. 6 wurde nun von Tchoban Voss Architekten revitalisiert.

Im Unterschied zu vielen Gebäuden dieses Platzes steht das Bürohochhaus Nr. 6 nicht unter Denkmalschutz. Es hätte also auch völlig neu gestaltet werden können. Die Architekten des Berliner Architekturbüros gingen jedoch einen anderen Weg, denn ganz ihrem Leitbild entsprechend verstehen sie die Gebäude dieses Platzes als „bedeutendes städtebauliches Ensemble“. Das Haus am Ernst-Reuter-Platz Nr. 6 wurde von 1973 – 1974 nach einem Entwurf des Architekten Bernhard Binder in Stahlskelettbauweise errichtet. Sergei Tchoban wollte die typische Gestaltungssprache der 70er-Jahre unbedingt erhalten bzw. herausarbeiten.

Revitalisierung statt Neubau

Um das Gebäude zu revitalisieren, erfolgte zunächst eine vollständige bauliche und technische Entkernung des Bestandsgebäudes, eine tiefgreifende Schadstoffsanierung, ein Rückbau der schadstoffbelasteten Fassade sowie ein Rückbau des zweigeschossigen Anbaus im Hof. Das Gebäude wurde schließlich um ein Geschoss aufgestockt. Die von Binder fast kubistisch aufgetürmten Glas-Stahl-Körper bieten die Gelegenheit, Dachterrassen anzulegen, die künftig als Außenfläche genutzt werden können. Sie sollen teils intensiv begrünt werden, was auch der Regenrückhaltung dient.

Obwohl die Fassade aufgrund der Kontamination vollständig ersetzt werden musste, orientiert sich die neue Fassade eng an der Gestaltung des Bestandes. Auch in Zukunft wird die Gliederung des Gebäudes in erster Linie durch die kubisch verschachtelten Auskragungen geprägt sein, in zweiter Linie durch minimal erhabene Fensterbänder in dunkler Farbgebung bzw. durch plane Brüstungsbänder.

Die nach der Revitalisierung entstehenden Mietflächen entsprechen sowohl in baulicher als auch technischer Hinsicht modernsten Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Barrierefreiheit, Baubiologie und Schallschutz. Neben diesen zeitgemäßen Aspekten war den Architekten aber vor allem eine „gestalterische Nachhaltigkeit“ wichtig, wie sie betonen. Die architektonischen Maßnahmen von Tchoban Voss Architekten führen zu einer präzisen Herausarbeitung der gestalterischen Grundidee, wodurch das Gebäude Nr. 6 seine städtebauliche Rolle im Gesamtensemble Ernst-Reuter-Platz wieder voll ausfüllen kann. Mit dem nördlich gegenüberliegenden ehemaligen Telefunken-Hochhaus bildet das Haus Nr. 6 das „Einfallstor“ zur nach Westen führenden Bismarckstraße.

BGF: 31.140 m²

Fertigstellung: 2022

Architekt: Sergei Tchoban

Projektpartner: Philipp Bauer

Projektleiter: Philipp Bauer, Kenan Ozan


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