Herausragende Architektur aus Ziegeln wird im Zweijahresrhythmus mit dem Brick Award ausgezeichnet. In der Ausgabe 2022 des von der Wienerberger AG ausgelobten Preises gibt es Gewinner in fünf Kategorien. Die siegreichen Projekte kommen aus Frankreich, Ecuador, der Schweiz und zweimal aus China. Der Kategorie-Gewinner „Sharing public spaces“ und gleichzeitig Grand Prize Winner ist das Studio Zhu Pei mit dem „Imperial Kiln Museum” im chinesischen Jingdezhen. Das Museum wurde direkt neben den Ruinen des kaiserlichen Brennofens der Ming-Dynastie geplant. Acht parabolische Backsteingewölbe bilden den Komplex, darunter zwei ebenerdige und fünf unterirdische Ausstellungshallen.
Die zigarrenförmigen Gewölbe des Museums unterscheiden sich in ihrer Höhe, Länge und Krümmung. Sie wurden den Formen traditioneller Brennöfen nachempfunden. Zwischen den Gebäuden liegen Höfe, die Tageslicht in die Untergeschosse strömen lassen. In den Obergeschossen fällt Licht durch die offenen oder verglasten Gewölbe-Enden, durch horizontale Lichtschlitze, durch Ritzen in den Wänden sowie durch Oberlichter, die den Rauchlöchern von Brennöfen ähneln. Für den Bau wurden sowohl neue als auch wiedergewonnene Ziegel verwendet, die beim Abbruch von Brennöfen übrig geblieben sind. Eine Vorgangsweise, die auf eine jahrhundertealte Tradition in dieser Region zurückgeht. Insgesamt nimmt der Bau auch Bezug auf das Porzellan-Erbe der Stadt Jingdezhen.
Neri & Hu blicken über den Tellerrand
Das international renommierte Architektenduo Neri & Hu gewann die Kategorie „Building outside the box“ mit einem Projekt in Yangzhou (China). „The Brick Wall – Tsingpu Yangzhou Retreat“ stellt eine Verbindung von bereits zuvor existierenden Gebäuden und einem neuen Luxushotel dar, das sich stark auf die traditionelle chinesische Architektur bezieht. Auch hier wurden Million wiedergewonnener lokaler Ziegel verwendet. Durch den Einsatz vieler verschiedener Ziegel sind in den einzelnen Räumen unterschiedliche Strukturen und Muster entstanden, wie Lyndon Neri im Interview erläutert.
Über das gesamte Gelände legten die Architekten ein Raster, das traditionelle chinesische Hofhäuser widerspiegelt. Auch die bestehenden Gebäude (Cottages) fanden darin Platz. Mit einer Ausnahme sind alle Bauwerke in dieser Matrix eingeschossig. Das Mauerwerk ist teilweise geschlossen, teilweise offen. Öffnungen in den Wänden erlauben Blicke in die Innenhöfe. Ein Gang durch diese Gebäudelandschaft ist wie eine Entdeckungsreise.
Drei Blöcke, 88 Wohnungen in Paris
Der Preis für das beste Projekt in der Kategorie „Living togehter“ geht an Avenier Cornejo architectes für ein Projekt in Frankreich. In Pantin, einem nordöstlichen Vorort von Paris, haben die Architekten drei Gebäude neben dem Canal de l’Ourcq errichtet. Sie umfassen insgesamt 88 Wohnungen, sind im Halbkreis angeordnet und umschließen einen kleinen Hof, der sich zum Kanal hin öffnet. Alle drei Gebäude haben ungefähr die gleichen Proportionen, ihre Gestaltung wird jedoch jeweils durch die Form des Grundstücks und ihre Ausrichtung zum Kanal bestimmt.
Hier wurden handgeformte Ziegel verwendet, die im Läuferverband mit Hohlfugen verlegt wurden. Durch das Zurücksetzen der Fensterbereiche wird ein Reliefeffekt erzeugt. Die Architekten wählten drei Ziegelfarben als moderne Antwort auf das helle Gelb der 1884 erbauten Getreidemühlen Grands Moulins de Pantin, die sich etwas weiter westlich am Kanal befinden.
Der Wert des Ziegels
In der Kategorie „Feeling at home“ gewinnt ein Projekt in Ecuador. Das Architekturkollektiv Natura Futura versteht „The House that Inhabits“ in Babahoyo als Statement, ein Statement, das sich nicht nur gegen die Kommerzialisierung der Stadt, die viele Menschen an den Rand drängt, stellt, sondern dem Backstein sowohl in symbolischer als auch funktional-praktischer Weise Bedeutung zurückgibt. Dieser traditionelle Baustoff, der häufig mit ärmeren Bevölkerungsschichten assoziiert wird, ist oft in kaschierter, verputzter oder übermalter Art zu sehen. Die Architekten möchten mit diesem Projekt den Wert von Ziegeln als Material für eine lebendige und lebenswerte Stadt demonstrieren.
Ohne künstliche Klimatisierung
Baumschlager Eberle Architekten gewinnen in der Kategorie „Working together“. Das Zürcher Büro hat mit dem Projekt „2226 Emmenweid, Emmenbrücke“ einen neuen Ansatz im gewerblichen Bürobau eingeführt. Die Architekten rücken lange Lebensdauer und ganzjährige / ganztägige Klimastabilität in den Fokus. Aus letzterer Eigenschaft ergibt sich auch der Name, denn das Haustechnikkonzept sorgt für eine stabile Innentemperatur zwischen 22 und 26 Grad.
Der vierstöckige Neubau besticht durch hellen Kalkputz und die regelmäßige Anordnung von tief in die Wände eingelassenen Fenstern. Seine Wucht wird durch ein Walmdach mit bündigen Kanten betont. Ein zurückgesetzter Abschnitt in der Fassade erzeugt eine markante horizontale Linie, die den massiven Block gliedert. Der Wandaufbau besteht aus zwei jeweils 36,5 cm dicken Ziegelschichten: die eine als tragende und isolierende Wand, die andere als Dämmung. Verwendet wurden unverfüllte Großklötze, die für eine effiziente Dampfdiffusion sorgen und eine hohe Speichermasse haben, die maßgeblich zur Stabilität des Raumklimas beiträgt.
Die Verleihung der Brick Awards 2022 fand am 9. Juni in Wien statt.