Um als unabhängiger Designer aktiv zu werden, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man erhält Aufträge von Unternehmen oder gestaltet zuerst selbstständig, geht dann zu Herstellern und hofft, dass sie das Design produzieren. Klappt das nicht, können Designer versuchen, ihre Kreationen selbst zu verkaufen. Genau das tun immer mehr Gestalter und nicht nur im Nachwuchsbereich. Leuchtendes Beispiel ist Tom Dixon, der sich selbst zu einer Marke aufgebaut hat und seine luxuriösen Produkte großteils eigenständig verkauft. Sowohl über seinen Showroom in London als auch online. Durch ein über Jahre aufgebautes internationales Renommee funktioniert dieses Konzept hervorragend.
Auch Designstudios, die hauptsächlich auf nationaler Ebene tätig sind, wollen oder sind dazu gezwungen, ihre Designs online selbst zu verkaufen. So hat das österreichische Designerinnen-Duo Lucy D ein eigenes Label gegründet, um regional produzierte Porzellanlampen zu vertreiben. Für „Neu/Zeug“ kooperieren Barbara Ambrosz und Karin Santorso mit Beate Seckauer, Inhaberin der Porzellanmanufaktur Neuzeughammer. Von Oberösterreich nach Gent: Dort hat der belgische Designer Jan Goderis 2021 sein Design Lab gegründet und dieses Frühjahr einen eigenen Showroom eröffnet, wo er seine neuesten Kreationen, aber auch ausgewählte Stücke aus seiner 25-jährigen Karriere ausstellt.
Der 1966 in Gent geborene Goderis bearbeitet ein breites Feld an Designaufgaben. Es reicht von Möbel, Innenarchitektur und Leuchten bis hin zur Restaurierung denkmalgeschützter Monumente. Bei der Entwicklung neuer Projekte greift er oft auf seine Skizzenbücher zurück, in denen er im Lauf der Jahre immer wieder neue Ideen festgehalten hat.
Ökologisch designen
Für Goderis steht am Beginn jeder Gestaltung die Frage der Nachhaltigkeit – in der Ästhetik, der Benutzerfreundlichkeit, der Konstruktion und des Materialeinsatzes. Ein Produkt soll für möglichst viele Menschen nützlich und relevant sein – über Generationen hinweg. Goderis folgt hier dem Konzept der „kulturellen Lebensdauer“. Ein Design sollte abseits von kurzlebigen Moden existieren können. Neben der Entwicklung und dem Produktionsprozess hält der belgische Gestalter auch die Frage des Transports für sehr wichtig. Designs, die auf das Wesentliche reduziert sind, würden auch im Transport weniger Umweltschäden verursachen. Stichwort: Transportgewicht. Deshalb versucht das Jan Goderis Design Studio die Verpackungen der Produkte so kompakt wie möglich zu halten – was häufig zu einem „Flatpack“-Design führt.
So besteht die Platte des „nOmad“-Tisches aus drei schmalen Leisten, die durch die runden Stützplatten an den Beinen zusammengeklemmt werden. Diese Befestigungstechnik erlaubt es den Tisch schnell zu zerlegen und leicht zu transportieren. Die runden Akzente an der Oberfläche sehen zudem schön aus.
Ein Beispiel für den ökologischen Ansatz von Goderis ist auch die Lampenserie „LINE“. Für das Lichtprofil wird Aluminium verwendet, für den massiven Sockel Terrazzo anstelle von Naturstein. Denn um aus Naturstein eine fertige Form zu erhalten, fällt mindestens das 10- bis 15-fache der Abfallmenge an. Terrazzo hingegen ist eine uralte Art des Recyclings und das Material kann wiederverwendet werden.
Oder die „JAPAN“-Kollektion: Sie kann je nach Produktionsmethode sowohl traditionell als auch industriell mit verschiedenen Materialien hergestellt werden, wie zum Beispiel Holz, Stahl, Aluminium, harzgegerbtem Leder, umweltfreundlichem Lack oder recyceltem Polypropylen. Eines von Goderis attraktivsten Designs ist der „November“-Paravent. Er kann aus Aluminium oder Sperrholz hergestellt werden. Die Paneele in zwei unterschiedlichen Breiten kann man beliebig erweitern. Als Verbindung wird ein Hakensystem eingesetzt, wobei der Holzstab als Scharnier fungiert. Die unterschiedlich großen Ausschnitte in den Paneelen sorgen für ein Spiel aus Abschirmung und Transparenz.
Der Showroom des Jan Goderis Design Studio in Gent kann nach vorheriger Vereinbarung besucht werden.