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Friedrich Kiesler-Preis 2024 geht an Junya Ishigami

von Markus Schraml
Junya Ishigami, Kiesler-Preis 24

Die Österreichische Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung hat den japanischen Architekten Junya Ishigami als Preisträger des Friedrich Kiesler-Preises für Architektur und Kunst bekannt gegeben. Dieser hoch dotierte Preis (55.000 Euro) ehrt Persönlichkeiten, die sich im Feld der Architektur mit einem explizit künstlerischen Anspruch bewegen. Ishigami tut dies, indem er in seinen teils surrealen Projekten oftmals die fundamentalen Konzepte von Architektur hinterfragt. Die Umgebung, der Ort ist es, der für den Architekten das größte Potenzial besitzt und das ausgenutzt werden muss. Nun ist das Eingehen auf den Ort eines Bauvorhabens ein Grundsatz für jeden Architekten, Ishigami allerdings treibt es auf die Spitze.

Zum Beispiel verlegte er ein Haus und Restaurant in Ube (Japan) unter das Erdniveau. Im Hinblick auf die Konstruktion wurden Ungenauigkeiten und Unfälle, die sich auf der Baustelle ereigneten, mit berücksichtigt, um natürliche Verzerrungen in das Projekt zu integrieren. Oder der Art Biotop Water Garden, der an ein Künstlerrefugium angeschlossen ist. Der Garten besteht aus 318 Bäumen, die um 160 kleine Teiche gepflanzt sind. Jeder der großen Bäume war im Lauf von vier Jahren mühsam von dem Ort, auf dem die Residenz entstand, in den Wassergarten umgesiedelt worden. Das Projekt hat den mit 100.000 Euro dotierten Opel Award gewonnen.

Der 1974 in der Präfektur Kanagawa geborene Junya Ishigami arbeitete mehrere Jahre für Kazuyo Sejima/SANAA, bevor er 2004 sein eigenes Büro gründete. 2009 war er der jüngste Preisträger, der je mit dem Architectural Institute of Japan Prize ausgezeichnet wurde, und 2010 erhielt er den Goldenen Löwen der Architekturbiennale Venedig. Seit diesem Jahr lehrt er auch an der Tohoku University in Japan. 2014 wurde er Kenzo Tange Design Critic an der Harvard Graduate School of Design (USA).

Über den Tellerrand hinaus

Zu Ishigamis wichtigsten Arbeiten gehören der KAIT Workshop für das Kanagawa Institute of Technology (Atsugi, Japan, 2008), das House of Peace in Kopenhagen (2014), die Chapel of the Valley in Shandong (China, 2016) und sein Pavillon für die Serpentine Gallery (London, 2019).

Junya Ishigami spricht über seinen Serpentine Pavilion von 2019.

„Seine poetisch-skulpturalen Gebäudeentwürfe bewegen sich stets an der Schnittstelle zu Architektur, Kunst und sozialem Design und heben die Disziplin auf eine neue Ebene“, meint Elke Delugan-Meissl, die Präsidentin der Friedrich Kiesler Stiftung. „Während die Bauindustrie die Hoheit darüber übernommen hat, wie Architektur auszusehen hat, mit einem Fokus auf kommerzielle Aspekte, geht Ishigami seinen eigenen kompromisslosen Weg und realisiert seine visionären Projekte. Jedes seiner idiosynkratischen Projekte ist in seiner Ästhetik einzigartig und referiert auf die individuellen Gegebenheiten sowie Problemstellungen unserer Zeit. Damit erweitert und überschreitet er kontinuierlich die Grenzen seiner Profession und setzt neue Maßstäbe für die Zukunft.“

Der Mensch als Teil der Natur

Die Grenzüberschreitungen, die Junya Ishigami immer wieder wagt, weisen deutliche Parallelen zur Arbeit Friedrich Kieslers auf. Mit dem starken Einbeziehen natürlicher Elemente wie Höhlen oder Wälder bringt Ishigami sein Verständnis des Menschen als Teil der Natur zum Ausdruck. Das steht im Einklang mit Kieslers Theorie des „Korrealismus“. In einem Interview sagte Ishigami: „Ich möchte nicht einfach verrückte Gebäude bauen. Es braucht eine gute Balance mit der Umgebung, die ja normalerweise normal ist. Deshalb ist der entscheidende Punkt, wie wir eine seltsame Idee in eine normale Umgebung einfügen können.“

Talk mit Junya Ishigami und Jean Nouvel in der Foundation Cartier im Jahr 2018, der aus Anlass der Ausstellung „Freeing Architecture” stattfand.


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