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Lilly-Reich-Stipendium für Gleichberechtigung in der Architektur

von Markus Schraml
Lilly Reich

Die Fundació Mies van der Rohe schreibt zum dritten Mal das „Lilly Reich-Stipendium für Gleichberechtigung in der Architektur“ aus. Unterstützt werden soll ein Forschungsprojekt, das zu Unrecht vergessene Architekturbeiträge untersucht. In der Vergangenheit diskriminierte Architekten sollen Sichtbarkeit erlangen. Generell geht es um mehr Chancengleichheit in der Architektur.

In der ersten Ausgabe dieser Initiative ging es um eine intensive Auseinandersetzung mit dem Werk von Lilly Reich, was zu einer künstlerischen Intervention im Mies van der Rohe Pavillon in Barcelona führte sowie zur Veröffentlichung eines Forschungsartikels. Die zweite Ausgabe hatte eine filmische Dokumentation als Ergebnis. Die aktuelle 3. Ausgabe soll sich erstmals nicht nur auf das Werk Lilly Reichs konzentrieren, sondern ist offen für alle Vorschläge, die sich mit dem Studium vergessener Architekten beschäftigen. Einreichungen können noch bis zum 2. September erfolgen.

Weit mehr als eine Fußnote – Lilly Reich

Lilly Reich (16. Juni 1885 – 14. Dezember 1947) war eine deutsche Designerin der Moderne. Sie wurde in Berlin geboren und war eine enge Mitarbeiterin von Ludwig Mies van der Rohe. Ihre Karriere begann als Gestalterin von Textilien und Damenbekleidung. Diese Erfahrung sollte für sie prägend sein. Nach einer Lehre als Kurbelstickerin ging sie 1908 nach Wien, wo sie für Josef Hofmann in den Wiener Werkstätten arbeitete. Bereits drei Jahre später kehrte sie wieder nach Berlin zurück und lernte dort Anna und Hermann Muthesius kennen. 1912 wurde sie Mitglied des Deutschen Werkbundes, wo sie 1920 als erste Frau in den Vorstand gewählt wurde.

Bis 1926 leitete sie ein Atelier für Ausstellungsgestaltung und Mode in Frankfurt am Main und arbeitete im Frankfurter Messeamt als Ausstellungsgestalterin. Ebendort lernte sie Mies van der Rohe kennen. 13 Jahre lang arbeiteten die beiden gemeinsam an Projekten und waren auch privat miteinander verbunden. Diese Partnerschaft führte dazu, dass sich van der Rohe nun auch mit Möbeldesign beschäftigte. Sie kuratierten Ausstellungen für den Werkbund, entwarfen moderne Möbel als Teil größerer Architekturprojekte, gestalteten 1929 den Barcelona-Pavillon (inkl. Barcelona-Sessel) und arbeiteten am Tugenhat-Haus in Brünn.

Der Weißenhof-Stuhl – mit Geflecht von Lilly Reich. © Tecta

1932 wurde Lilly Reich die Leitung der Bau-/Ausbauabteilung und der Werkstatt für Weberei am Bauhaus Dessau übertragen. Damit war sie eine der wenigen Frauen in einer leitenden Funktion am Bauhaus. Diese Funktion hatte sie allerdings nur kurz inne, denn bereits 1933 musste aufgrund der Machtergreifung der Nazis das Bauhaus geschlossen werden. Reichs Rolle während des NS-Regimes ist zwiespältig. So unterzeichnete sie den „Aufruf der Kulturschaffenden“ (1934) – ein öffentliches Bekenntnis zu „des Führers Gefolgschaft“ – nicht. Andererseits hatte sie 1933, als das NSDAP-Mitglied Carl Christoph Lörcher als Präsident des DWB installiert wurde, allen Änderungen zugestimmt. Auch war sie 1934 im Rahmen der Berliner Ausstellung „Deutsches Volk – deutsche Arbeit“ für die Abteilung Glas, Keramik und Porzellan verantwortlich und entwarf gemeinsam mit Mies van der Rohe Pläne für die Berliner „Reichsausstellung der Deutschen Textil- und Bekleidungswirtschaft“ (1937).

Im selben Jahr ging Ludwig Mies van der Rohe in die USA. Lilly Reich blieb in Deutschland und führte das Architekturbüro zunächst weiter. In den letzten Kriegsjahren war sie bei der Organisation Todt, einer paramilitärischen NS-Bautruppe, zwangsverpflichtet. 1943 wurde Reichs Atelier während eines Bombenangriffs zerstört. Nach dem Krieg war Lilly Reich von 1945 bis zu ihrem frühen Tod 1947 Dozentin an der Hochschule für bildende Künste in Berlin tätig.

Trailer zur Lilly Reich Dokumentation


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