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Nebel in Dubai – der Schweizer Pavillon

von Markus Schraml
Pavillon Schweiz

Die Expo Dubai läuft und bereits nach rund 10 Tagen stellt sich heraus, dass einer der publikumswirksamsten Länderpavillons das temporäre Gebäude aus der Schweiz ist. Der Grund dafür liegt im unübersehbaren Eingangsbereich. In knallroter Farbe und mit riesiger Spiegelfläche bietet er den perfekten Hintergrund für das Expo-Selfie. Das Ganze erinnert an Hollywood oder an den roten Teppich in Cannes und passt perfekt zur Lebensart in Dubai, wo über viele Jahre mit hypermodernen Wolkenkratzern ein internationaler Tourismusmagnet kreiert wurde, um für die Zeit nach dem Öl gerüstet zu sein.

Für das Design des Schweizer Pavillons zeichnet die Zürcher Agentur Bellprat Partner verantwortlich. Sie ist Spezialistin für Ausstellungserlebnisse und konnte sich mit ihrem Konzept in einem Wettbewerb durchsetzen. Die ersten Arbeiten daran begannen bereits vor fünf Jahren und Iwan Funk, Managing Partner von Bellprat Partner, war von Anfang an dabei. Der große Andrang in der ersten Expo-Woche freut ihn natürlich, aber er ist auch ein wenig überrascht. Im formfaktor-Interview sagt er, dass bereits an einem Probetag sehr viele Menschen gekommen seien. Am ersten regulären Tag waren es über 6000 Besucher*innen.

„Es ist kein typischer Schweizer Pavillon, der sich eher zurückhaltend gibt, sondern er sagt bumm, hier sind wir, roter Teppich, Spiegelfassade. Er schreit richtig: Hallo. Und das passt einfach nach Dubai, ohne das jetzt zu werten“, sagt Funk. „Der Spiegel ist eine Art Kaleidoskop, das heißt, er ist facettiert. Das ergibt viele spannende Fotosujets, weil es an jedem Ort ein bisschen anders aussieht.“ Der Titel des Pavillons lautet „Reflections“. Gemeint sind sowohl die Reflexionen eines Spiegels, aber auch Reflexionen als Gedanken. Ein weiteres Detail in der Red-Carpet-Zone sind die sogenannten Sunbrellas, die eigens für die Expo kreiert wurden. Sie sollen nicht nur vor der Sonne schützen, sondern eignen sich auch sehr gut als Fotoaccessoires vor dem Spiegel.

Echter Nebel, mystische Bergkulisse

„Dieses Bildhafte zieht sich durch den ganzen Pavillon. Wir haben drei, vier Punkte, die – wie man neudeutsch sagt – instagramable sind. Das haben wir natürlich bewusst so inszeniert. Es geht also sowohl um den Inhalt, aber auch darum, gute Fotomotive zu bieten“, betont Funk. Ein besonderes Fotomotiv ist im Inneren des Pavillons das sogenannte Nebelmeer. „Es ist ein echtes Nebelmeer, das heißt, es besteht wirklich nur aus Wasser. Es ist kein künstlicher Nebel. Das sieht einfach aus, ist aber Rocket Science. Das Trinkwasser wird dreimal gefiltert, weil es die Menschen ja einatmen und deshalb muss es ganz, ganz sauber sein. Wir verwenden spezielle Rohre, spezielle Ventile, speziellen Druck und erzeugen Tröpfen mit einer speziellen Größe und Schwere. Man muss den Luftdruck berücksichtigen, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit“, erklärt der Designer. Das Nebelmachen wurde zuvor in einem Hallenbad in Köln erprobt, aber bis zum ersten Test vor Ort in Dubai wussten die Ausstellungsmacher nicht, ob es auch wirklich funktioniert.

Die Dichte des Nebels kann gesteuert werden. Sie wird mittels Laser gemessen und sobald sie unter einen bestimmten Wert fällt, wird neuer Nebel erzeugt. Das funktioniert automatisch. Es gibt aber auch Fernbedienungen, mit denen der Nebel manuell beeinflusst werden kann. „Das ist das Schöne an diesem Nebel, dass man verschiedene Parameter zwar festlegen kann, aber dass immer noch ein Bereich bleibt, den man nicht bestimmen kann“, zeigt sich Funk begeistert.

Einen weiteren Raum gestalteten Bellprat Partner für das Schweizer Unternehmen Schindler, indem es um vertikale Mobilität geht. In diesem 12 Meter hohen Raum wurden schlanke Lightcubes montiert, die nicht nur Rolltreppen oder Aufzüge symbolisieren sollen, sondern vor allem auch die vertikale Datenübertragung, die beim Transit Management ein Thema ist. Ein bisschen erinnert die Installation an Orgelpfeifen. Im letzten Raum schließlich schufen die Ausstellungsmacher eine Art Wassertropfenballett. Direkt unter dem Nebelmeer gelegen, wird hier abermals das Thema Wasser aufgegriffen. Die Tropfen können gefangen werden, jeder Tropfen steht für eine innovative Idee aus der Schweiz.

Theaterstück in 3 Akten

Der Schweizer Länderpavillon schafft es, Aufmerksamkeit zu erregen, was auf einem Gelände mit dutzenden Gebäuden gar nicht so leicht ist, und gleichzeitig dieses anfängliche Versprechen auch im Inneren einzulösen. Wichtig dabei ist sicher, dass sich die Designer*innen auf einige wenige zentrale Erlebnisse wie das Nebelmeer konzentrieren und die Besucher*innen nicht mit einer Flut an Informationen überfordern. Denn zu viele Schautafeln und Textinformationen können ermüdend sein. Iwan Funk: „Ich glaube, das ist eine große Gefahr. Das erlebt man jetzt auch vor Ort. Ich nenne keine Namen. Es ist aber schwierig, da muss ganz viel zusammenpassen. Unter anderem muss auch der Kunde / der Auftraggeber dabei mitspielen und den Mut haben, sich auf ein emotionales Erlebnis einzulassen. Also dass man die Informationen oder die Verkaufsplattform, wenn man so will, zugunsten des Erlebnisses zurücknimmt. Ich bin selbst als Besucher oft von zu viel Inhalt erschlagen.“

Der Pavillon der Schweiz bietet beides – die Möglichkeit, schnell durch den Pavillon zu gehen und dennoch ein Erlebnis mitzunehmen, aber auch die Option, sich näher zu informieren, wenn man das möchte. Der Ort dafür ist die Wassertropfeninstallation. Dort befinden sich sogenannte Brunnen. „Sehr viele Brunnen und in jedem liegt ein kleines Universum zu einem speziellen Thema oder zu einem Partner, von Start-ups bis zu etablierten Schweizer Firmen“, erläutert Funk. „Wenn man nun all diese Inhalte mit Tafeln an einer Wand darstellen würde, dann wäre das ein kompletter Overload, das wäre viel zu viel. Also jemand, der schnell durchläuft, der hat das Erlebnis der Installation, bemerkt vielleicht dass sie für Innovation steht und nimmt sich schnell ein Schoki von Sprüngli mit, es besteht aber auch die Möglichkeit, sich intensiv zu informieren.“

Der Schweizer Pavillon liegt im Opportunity District des Messegeländes genau zwischen dem österreichischen und dem ägyptischen Länderpavillon. Die Expo Dubai läuft noch bis 31. März 2022.


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