Für den diesjährigen S+T+ARTS Prize, durchgeführt von Ars Electronica, wurden insgesamt 1637 Arbeiten aus 78 Ländern eingereicht. Die mit jeweils 20.000 Euro dotierten Hauptpreise gehen an Alexandra Daisy Ginsberg (Großbritannien) und Richard Mosse (Irland).
Den Grand Prize für Artistic Exploration (künstlerische Erkundung) gewinnt das Projekt „Pollinator Pathmaker“. Das „Kunstwerk für Bestäuber“ von Alexandra Daisy Ginsberg geht von der Frage aus: „Wenn Bestäuberinsekten Gärten entwerfen würden, was würden Menschen sehen?“. Dafür hat Ginsberg einen Algorithmus entwickelt, der Menschen helfen soll – über eine Online-Plattform – einen spezifischen Bepflanzungsplan zu erstellen, der eine größtmögliche Vielfalt an Bestäuberarten begünstigt. Der Algorithmus wählt dafür Pflanzen aus, die am jeweiligen Standort gedeihen und so viele Bestäuberarten wie möglich anlocken. Jeder Garten, der auf diese Weise entworfen wird, sieht anders aus und ist ein algorithmisch erzeugtes, lebendes Kunstwerk für Tier – und Mensch.
Hintergrund für dieses Projekt ist natürlich der bedenkliche Verlust von Bestäuberinsekten, der durch den Einsatz von Pestiziden und die Zunahme invasiver Arten verursacht wird. Der „Pollinator Pathmaker“ entstand als Reaktion auf die von Menschen verursachten Schäden am Ökosystem.
Konfliktherd Regenwald
Der zweite Hauptpreis geht an den irischen Künstler Richard Mosse, der mit „Broken Spectre“ die Kategorie „Innovative Collaboration“ gewinnt. Drei Jahre lang dokumentierte er den Verlust des Regenwaldes entlang des 4.000 Kilometer langen Trans-Amazonien Highway. Seine Aufnahmen zeigen den illegalen Holzeinschlag, Brandrodungen, das Aufstauen der Flüsse (was zu Überflutungen führt), den Diebstahl von indigenem Land und das Anlegen riesiger Monokulturen. Mosse versucht den aus Sicht der Betroffenen angerichteten Schaden mit effektintensiven Bildern zu verdeutlichen. Mit bildgebenden Verfahren will er Licht ins Dunkel von gewinnorientierten Machenschaften bringen. Dafür verwendet er eine Multispektralkamera für Luftaufnahmen, UV-Mikroskopie (um fluoreszierende, ultraviolette Makro-Zeitrafferaufnahmen des Wald-Bioms zu produzieren) und S35-mm-Infrarotfilm (um das vom Chlorophyll des Regenwaldes reflektierte Licht sichtbar zu machen).
Bei den Dreharbeiten arbeitete Mosse mit dortigen Interessengruppen zusammen. Konkret mit „Acampamento Terra Livre“ (eine jährliche Versammlung indigener Völker in Brasilien, die über Landrechte, Umweltschutz, Kultur und soziale Gerechtigkeit diskutiert), den Yanomami, Munduruku, Suruí, Kaingang und anderen indigenen Gemeinschaften. „Broken Spectre“ ist ein Video-Dokument des fortschreitenden Verlusts des südamerikanischen Regenwalds, der aktuell zwar nicht die erschreckenden Ausmaße der Jahre um 2004 (Spitze: 27.000 Quadratkilometer/Jahr) hat, aber mit 11.500 Quadratkilometer (2022) immer noch enorm ist.
Die Jury
Beurteilt und ausgewählt wurden die Projekte von einer internationalen Jury bestehend aus Mónica Bello (ES/CH), Francesca Bria (IT), Bernd Fesel (DE), Jun Inada (JP) und Meinhard Lukas (AT). Unterstützung erfuhren sie dabei von den S+T+ARTS Prize Advisors Andrés Burbano (CO), Lydia Kallipoliti (GR), Jon McCormack (AU), Kyuseung Keith Noh (KR), Katja Schechtner (AT), Yasaman Sheri (CA), Kei Takeuchi (JP), Rodolfo Groenewoud van Vliet (NL), Ksenia Zaytseva (CA/RU) und dem Kollektiv Hackers & Designers (NL).
Technologie und Kunst
S+T+ARTS ist eine Initiative der Europäischen Kommission, mit der Technologie und künstlerische Praxis bestmöglich verbunden werden sollen. Unterstützt werden Menschen und Projekte, die dazu beitragen, Europas soziale, ökologische und ökonomische Herausforderungen meistern zu können. Teil der Initiative ist der S+T+ARTS Prize. Der jährliche Wettbewerb zeichnet innovative Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Wissenschaft aus.