„Alt und neu – das ist die Definition von Lasvit“, sagt Leon Jakimic, der das tschechische Unternehmen 2007 gründete. Das Alte ist die böhmische Glasherstellung, das Neue die modernen Designs und innovativen Technologien wie die Erzeugung von Glas in Myzel-Formen. Myzel bezeichnet Pilz-Fasern, die gezüchtet werden und extrem schnell wachsen. Dieser Stoff wird bei Lasvit erstmals in der Glasindustrie eingesetzt. Bekannt ist der Leuchtenspezialist auch für atemberaubende Ausstellungen und Präsentationsevents. Einmal mehr wurde Lasvit diesem Status mit der Schau und Performance „Sanctums“ gerecht, die während der Mailänder Designwoche zu sehen war.
Lasvit Art Director Maxim Velčovský hat sich für „Sanctums“ einen beeindruckenden Szenenaufbau einfallen lassen, der wie ein Stationentheater funktioniert und Bezug nimmt auf die lange tschechische Theatertradition. „Die Idee für Sanctums war die Schaffung einer Art heiliger Stätte, wo Licht auf Raum trifft, ein spezielles Ambiente entsteht und Emotionen hervorgerufen werden“, erläutert Velčovský. „Dafür haben wir Schauspieler engagiert, die mit den Zuschauern auch interagieren. Wir haben Requisiten aus dem Prager Nationaltheater hier, die sich mit den Möbeln und Leuchten vermischen. Das Konzept ist, dass durch diese lebendigen Szenen die Ideen der Designer erlebbar werden.“
Eine Neuheit, die ein Szenenbild mit träumendem Schauspieler im Bett beherrschte, war „Cirrus“ von Yabu Pushelberg. Die kanadischen Designstars schufen sich überlappende Glaswolken. In den unterschiedlich geformten Paneelen sind Einschlüsse auszumachen, die Luftblasen ähneln und an Wolkenfetzen erinnern sollen. „Hier geht es um Transluzenz und darum, wie man Raum wahrnimmt“, erklärt Glenn Pushelberg. „Der Screen ist auch sehr soft, vor allem die Luftblasen-Formen in den Paneelen. Es sind natürliche Eigenschaften in den Elementen und sie haben den Vorteil, dass sie sowohl im Kleinen als auch in riesigen Varianten funktionieren.“ „Cirrus“ reiht sich in die Serie der architektonischen LASVIT Art Walls ein.
Der glückliche Betrachter
Die Kreationen von Lasvit zeichnen sich durch ihren luxuriösen, teilweise überschäumenden Charakter aus. Gleichzeitig wird ein Designanspruch spürbar, der jedes Stück zu einem Erlebnis macht. „Es geht um Kunstwerke mit Bedeutung“, betont Leon Jakimic. „Ja, sie strahlen auch Licht aus, aber das ist nicht ihr Hauptzweck. Sie sind dazu da, um Menschen glücklicher zu machen.“ Jakimic spricht in diesem Zusammenhang von einer neuen Art des Luxus: „Luxus bedeutet heute Authentizität. Menschen, die etwas Besonderes mit ihren Händen, mit ihrem Geist, mit ihrem Herzen machen und das über Generationen.“ Für George Yabu ist Lasvit ein „unglaublicher Partner“, weil es den Glasbläsern immer gelinge, trotz aller Schwierigkeiten gute Ergebnisse zu erzielen. „Ich habe das Gefühl, dass unter der Leitung von Leon ein traditionelles Handwerk auf ein modernes Niveau gehoben wird“, sagt Yabu. „Ich denke, viele Leute halten Glasblasen (fälschlicherweise) für nicht besonders fein, aber böhmisches Kristallglas unter Leons Vision ist sehr sehr fein. Durch Designkonzepte und eine hochkarätige methodische Herangehensweise an die Technik ist Lasvit in der Lage, ein hohes Maß an Finesse und fein abgestimmter Handwerkskunst zu erreichen.“
Tatsächlich ist die zeitgemäße Umsetzung traditioneller Handwerksmethoden ein Erfolgsrezept von Lasvit. Art Director Maxim Velčovský sieht den Vorteil des Unternehmens, das erst vor 14 Jahren gegründet wurde, in dem Wegfall des Ballastes, den etwa Firmen wie Lobmeyr, Baccarat oder Swarovski zu tragen haben. „Lasvit als junges Unternehmen hat den Vorteil, in dieser postmodernen Welt sehr viel freier zu sein“, meint er. „Wir experimentieren mit Materialien und beauftragen unterschiedliche Designer. Das macht uns zu einer Art kreativem Labor. Wir verwenden Glas als ein Medium, wollen uns aber von der Tradition nicht aufhalten lassen. Lasvit wurde als eine Firma gegründet, die maßgeschneiderte Leuchten für Architekturprojekte schafft. Ich glaube, dadurch haben wir etwas Neues in den Raum gebracht. Früher sah man in noblen Häusern nur klassische Lüster. Leon sieht Raum aber als eine Art Szenografie für unterschiedliche Ideen.“
Die Installation „Sanctums“ in Mailand zeigte diesen Ansatz sehr deutlich. Jedes Bild, umrahmt von einem raumhohen dunklen Vorhang, bietet eine Szene, in der eine Geschichte erzählt wird. „Es gibt zum Beispiel eine Ballerina mit einem gebrochenen Bein, die sich zu bewegen versucht. Einen Mann, der schläft und träumt oder eine alte Lady, die den Herbarium-Lüster reinigen will“, beschreibt Velčovský. „Das Alles steht in Verbindung mit der starken Theatertradition, die wir in Tschechien haben. Ich erinnere an Laterna magika, das weltweit erste Multimedia-Theater.“
Theatralische Leuchtenobjekte
Letztendlich dienen alle Szenenbilder der effektvollen Präsentation der Leuchten-Neuheiten von Lasvit. Und dafür gibt es kaum eine bessere Analogie als die des Theaters, denn sei es die kinetische Glasinstallation „A:Live“ von Stefan Mihailović, das Raumkonzept „Frames“ von Mária Čulenová-Hostinová oder „Upside Down“ von Boris Klimek, der das Kronleuchterkonzept auf den Kopf stellt – allen wohnt das Theatralische zutiefst inne. Dabei geht es immer um das Verhältnis von Glas und Licht. Oder wie es Glenn Pushelberg in Bezug auf die Kollektion „Cipher“ ausdrückt: „Das Licht fliest auf besondere Weise durch dieses Glas“.
Leon Jakimic möchte seine Produkte mehr Menschen als den oberen 0,001 Prozent, die sich eine Projektsumme von 50.000 Euro aufwärts leisten können, zugänglich machen. Deshalb sollen die Standardkollektionen erweitert werden. Dort geht es schon bei 2.000 Euro los. Andererseits wird auch an der Custom-Made-Schiene intensiv weitergearbeitet. „Wir bieten nun auch Fassaden an. Kunstfassaden. Es geht darum, dass gesamte Gebäude in ein Juwel zu verwandeln: Handgemachtes Glas, thermogeformt, vielleicht auch mit der Erzeugung von Solarenergie, aber nicht Schwarz, sondern transparent“, erläutert Jakimic und betont noch einmal, dass es grundsätzlich darum geht, Menschen glücklicher zu machen. „Es heißt, die Beziehungen zwischen den Menschen sind wichtiger als die Beziehungen zu den Produkten. Das ist sicher richtig. Aber unsere Produkte erlauben es den Menschen, sich miteinander zu verbinden, weil sie sich gerne um unsere Kunstwerke versammeln und sich darüber austauschen.“