Die Ausstellung Visuelle Poesie im Museum für Gestaltung Zürich präsentiert neuere iranische Plakate, die zeigen, wie eine künstlerische Interpretation des persischen Kulturerbes mit zeitgenössischen Tendenzen des internationalen Grafikdesigns in Verbindung steht. Zu sehen sind Arbeiten, die jüngst den bereits vorhandenen Bestand des Museums an iranischen Plakaten um 200 Arbeiten (aus den letzten 20 Jahren) erweiterten. Diese Neuzugänge stehen im Fokus der Ausstellung.
Die künstlerische Gestaltung in muslimischen Ländern wird immer auch von der Frage des islamischen Bildverbots begleitet. Streng genommen ist jegliche Abbildung von Personen oder auch Tieren nicht erlaubt. Deshalb hat sich in der islamischen Kunst eine reiche Gestaltungstradition der malerischen arabischen Schrift entwickelt. Dies gilt auch für den Iran, wo das arabische Alphabet (+ vier weiteren Schriftzeichen) verwendet wird. In der modernen muslimischen Welt wird das Bildverbot in vielen Bereichen nicht angewendet, weil nicht praktikabel. So gibt es natürlich Pass- und andere Ausweisfotos, Wahlplakate und eine junge Generation fotografiert mit ihren Smartphones, was das Zeug hält. Dadurch reduziert sich das Verbot oft auf den religiösen Bereich und interessanterweise auch auf die Kunst. Das Plakat ist in dieser Beziehung ein Zwitterwesen, da die grafische Gestaltung zwar künstlerisch sein kann, der Zweck jedoch – nämlich die Ankündigung einer Ausstellung, eines Konzerts oder Theaterfestivals – ganz konkret ist.
Kalligrafie und Moderne
Die moderne Plakatkunst im Iran ist einerseits tief in der künstlerischen Tradition der Kalligrafie verankert, die jedoch modern interpretiert wird, andererseits finden sich Einflüsse aus dem Westen und auch Bilder werden verwendet.
Die Praxis der Plakatgestaltung im Iran ist jung. Erst in den 1960er-Jahren entstanden malerisch-illustrative Arbeiten und der Austausch mit der westlichen Kultur wurde vom iranischen Schah Mohammed Reza Pahlavi bzw. dessen Regime gefördert. Die islamische Revolution von 1979 stoppte diese Entwicklung und bedeutete einen Bruch. Erst 10 Jahre später (nach dem Ersten Golfkrieg) knüpfte eine neue Generation von Gestaltern wieder zaghaft an das grafische Erbe an. Seit der Jahrtausendwende sind iranische Plakate auch auf internationalen Festivals vertreten.
Teil der Plakatausstellung in Zürich ist auch die Schau „Revolution der Anonymen“ vom Dezember 2022, wo virtuelle Botschaften der jüngsten Proteste gegen das Regime gezeigt werden.
Visuelle Poesie – Zeitgenössische Plakate aus dem Iran. 21. Juli bis 29. Oktober 2023. Museum für Gestaltung Zürich, Toni-Areal