Home Creation Ikone verbessert – Moka by David Chipperfield

Ikone verbessert – Moka by David Chipperfield

von Markus Schraml
Moka by David Chipperfield

Die ist der bekannteste Dreiteiler im Kaffee-Universum: die Bialetti Moka Espressokanne. Von Alfonso Bialetti, dem Großvater mütterlicherseits von Alberto Alessi, in den 1930er Jahren erfunden, erstmals produziert und als „Moka Express“ vermarktet, lautete das einschlagende Verkaufsargument: einen Espresso wie in der Bar für Zuhause. Mit der Zeit wurde dieses kleine Haushaltsprodukt zu einem Beispiel für die Qualitäten des „Made in Italy“ an sich. Alberto Alessi: „Im Grunde handelte es sich um ein typisches sozioökonomisches Phänomen, das auf ganz einfache Faktoren zurückgeht: eine innovative Funktionalität, eine starke Kommunikationswirkung und schließlich der erschwingliche Preis, der allen Schichten der sich entwickelnden Wohlstandsgesellschaft zugänglich war. Tatsache ist, dass sich die Moka dem italienischen und internationalen Publikum als besonderes Produkt eingeprägt hat und bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat.“

 

Ich wollte die Kaffeekanne nicht neu erfinden, vielmehr wollte ich der Geschichte dieses Objekts neue Intensität verleihen.

David Chipperfield

2019 feierte Alessi seine jahrelange Beschäftigung (seit 1979) mit Interpretationen von Espressomaschinen durch namhafte Designer während der Mailänder Designwoche mit der Ausstellung „MOKA ALESSI. DESIGN & RE-DESIGN“ sowie mit dem Projekt „A new moka is blooming“, in dem das italienische Designunternehmen die neueste Variante der Espressokanne von David Chipperfield ins Zentrum stellte. Der britische Architekt schuf einerseits eine Hommage an das Original, andererseits eine Version eines Archetypus, die tief im Wesen dieses Objekts verankert ist. „Die Idee entstand aus der Frage, was sich an dem bereits existierenden Design verbessern ließe. Das Geräusch, welches das Auf- oder Zuschrauben der Kanne begleitet; das Blubbern, das anzeigt, dass der Kaffee fertig ist – alltägliche Momente, die fest im Gedächtnis verankert sind … Ich wollte etwas machen, was diesen Erinnerungen mehr Intensität verleihen würde. Ich wollte die Kaffeekanne nicht neu erfinden, vielmehr wollte ich der Geschichte dieses Objekts neue Intensität verleihen“, beschreibt Chipperfield seine Intention. Die einfach „Moka“ genannte Espressokanne zeichnet sich durch einen elf-eckigen Korpus mit flachem, vollständig in die Form der Kanne integrierten Deckel aus. Mit dem seitlich am Deckel positionierten Knopf lässt sich der obere Teil der Kanne leicht abschrauben. Die Gestaltung des Griffes löst ein Problem, das beim Original immer wieder mal vorkommen kann, der Kontakt mit der Gasflamme. Die Form des grauen Griffs soll dies verhindern. Aber warum elf statt acht Ecken? Chipperfield: „Um die geometrische Anmutung zu verstärken, um sowohl die Proportionen als auch den Ausguss besser zu integrieren, der hier Teil einer Facette ist. Es war ein iterativer Prozess, in dem die geometrische Struktur verbessert wurde, ohne dabei die eigentliche Identität der Kanne zu verlieren.“ Außerdem sorgt der weit ausladende Wasserbehälter für optimale Wärmeübertragung.

David Chipperfield steht in einer ganzen Reihe von Designern, die seit Ende der 1970er Jahre die Espressokanne für Alessi interpretiert haben: Richard Sapper, Aldo Rossi, Stefano Giovannoni und Guido Venturini (King-Kong), Michael Graves, Piero Lissoni, Wiel Arets, Alessandro Mendini, Mario Trimarchi und Michele De Lucchi. Chipperfields „Verbesserung“ des Originals steht fest in der Tradition des Art déco und ist eine zwar visuell deutliche aber doch dezente Weiterentwicklung dieses Archetyps für die Gegenwart. In Italien steht dieses Objekt für ein allmorgendliches, häusliches Ritual, mit dem eine ganze Gesellschaft eine emotionale Verbindung aufgebaut hat. Auch im deutschsprachigen Raum gibt es Fans dieser Art der Kaffeezubereitung, aber für die meisten Menschen hierzulande nimmt diese vertraute Position die unsägliche Filterkaffeemaschine ein. Nicht das Fauchen und Röcheln weckt Erinnerungen, sondern das langsame Tröpfeln.

Die Moka hat einem sehr vertrauten, alltäglichen häuslichen Ritual ein Gesicht verliehen.

Alberto Alessi

Übrigens – der kleine Mann mit dem Schnurrbart auf der Original-Moka wurde in den 1950ern von Paul Campani für die TV-Werbung kreiert – es war eine Comic-Variante von Renato Bialetti, der als Marketinggenie die „Moka“ in ganz Italien bekannt gemacht hatte und als der „Mann mit dem Schnurrbart“ bezeichnet wurde.

Weitere TOP-Artikel

-
00:00
00:00
Update Required Flash plugin
-
00:00
00:00